LISA entwickelt erstes Positionspapier
Nach vielen produktiven Diskussionen und Gesprächen hat die Live Initiative Sachsen nun ihr erstes Positionspapier entwickelt. Dazu gehört ein breiter Forderungskatalog, in dem LISA grundlegende Ziele absteckt.
Dieser Aufschlag der Live Initiative Sachsen, die sich zur Zeit in einer Gründungsphase befindet, soll zukünftig auch um andere Themenfelder ergänzt und ausgebaut werden.
Bei Fragen zum unterstehenden Positionspapier erreichen Sie uns über unser Kontaktformular.
ABOUT
Wir sind LISA - die Live-Initiative Sachsen. Wir sind ein Netzwerk von Netzwerken. Wir bündeln unsere Ressourcen, um als Lobby der Clubkultur für die Interessen der sächsischen Clubs und Livemusikspielstätten einzustehen und zur positiven Meinungsbildung beizutragen. Kommunale Verbände wie Hand in Hand Chemnitz, Klubnetz Dresden, LiveKommbinat Leipzig und weitere Aktuer:innen bekommen eine gemeinsame Stimme auf Länderebene, denn (Club-)Kultur ist vielfach auch Ländersache.
Wir wollen für die Betreiber:innen der Livemusikspielstätten und Clubs mit einem kuratierten Musikprogramm sprechen; für urbane Venues und Kultureinrichtungen im ländlichen Raum. Wir sprechen für die Bühnen, die die Künstler:innen brauchen. Wir sprechen für den musikalischen Nachwuchs, der die Locations als Experimentierfeld nutzt; für die innovative Kraft der Musik-Szenen aller Genre. Ein Sprachrohr wollen wir auch für die Subkulturen und die gesellschaftlich marginalisierten Gruppen sein, die die Clubs als Schutzräume benötigen. Wir sprechen für die Szenewirtschaftsbetriebe, die Menschen aktivieren und unterstützen, sich an der Gestaltung ihres Lebensraumes zu beteiligen. Für die vielen zumeist prekär Beschäftigten wollen wir sprechen und für diejenigen, deren kultur- und kreativwirtschaftliche Arbeitsbiografien in den Clubs ihren Anfang nehmen. Und natürlich vertreten wir auch das längst nicht nur junge Publikum, das an diesen Orten Zerstreuung sucht genauso wie Kunst und Kultur; Freiraum und Gesellsigkeit; den besonderen, außeralltäglichen Moment oder die Imagination von Ewigkeit.
FORDERUNGEN
Wir forden nicht weniger als den proaktiven Schutz der Clubkultur und deren Förderung - in Zeiten der Krise und darüber hinaus. Die Corona-Pandemie hat mehr als deutlich gemacht, dass Clubs und Livemusikspielstätten noch immer Bummelletzte sind, wenn es um die Krisenfestigkeit von Kulturbetrieben geht - nicht etwa was den Einfallsreichtum und die Tatkraft ihrer Akteur:innen anbelangt, sonder in Bezug auf die Möglichkeiten, finanzielle Rücklagen bilden oder auf institutionelle Förderungen bauen zu können. Dabei hat die Krise ebenso deutlich gemacht, welchen Stellenwert diese institutionalisierten Kultur-, Frei- und Diskursräume tatsächlich für unsere Gesellschaft haben. Livemusikspielstätten und Clubs sind Katalysatoren für innovative Entwicklungen, etwa in der digitalen Kulturvermittlung. Außerdem fungieren sie als kontrollierte Ventile für eine Leistungsgesellschaft im Dauerstress und umso mehr während eines Ausnahmezustands, dessen Ende noch lange nicht in Sicht ist.
Clubkulturschutz heißt politische und finanzielle Unterstützung für den Erhalt der sächsischen Musikwirtschaft und nicht zuletzt der Clubkultur, so dass eine Corona-bedingte Pleitewelle abgewendet werden kann. In Zeiten knapper kommunaler Kassen darf nicht bei den schwächsten und dabei so grundlegenden Gliedern in der kreativwirtschaftlichen Verwertungskette gespart werden. Die kommunalen Kultur-Etats müssen dringend aufgestockt werden!
Clubkulturschutz heißt Gesprächsbreitschaft und Initiative auf Seiten der Ministerien und Abgeordneten, um kooperative Lösungen zu erarbeiten, zu diskutieren und nach Bedarf umzusetzen. Es bedarf gemeinsamer Maßnahmen, um eine baldige Rückkehr in den Kulturbetrieb zu erarbeiten, ggf. mit finanzieller Unterstützung zu testen und bestenfalls flächendeckend einzuführen. Eine Schlüsselrolle sehen wir hierbei in der Entwicklung und Erprobung von Corona-Schnelltests an Clubtüren. In Ergänzung zu weiteren Hygienemaßnahmen könnte somit die Rückkehr in einen Regelbetrieb der Kultur gelingen. Wir fordern hierfür ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren und Unterstützung von Pilotprojekten bei der Finanzierung von Schnelltests. Nebenbei wird auch zu einer Vergrößerung flächendeckender Testung beigetragen, die dem Gemeinwohl dienlich ist, ohne die Gesundheitsämter und Testlabore maßgeblich mehr zu belasten.
Clubkulturschutz heißt Anerkennung ihrer Wirkstätten als kulturelle Einrichtungen – im politischen Bewusstsein und im Rechtssinne auf kommunaler, Landes- und Bundesebene. Für die Entwicklung von Milleuschutzstrategien im städtischen Raum genauso wie für den Erhalt und die Förderung der Club- und Livemusikkultur in den ländlichen Gebieten ist eine solche Anerkennungskultur von maßgeblicher Bedeutung. Zahlreiche dieser Räume wirken zudem als soziokulturelle Zentren und Orte der Demokratieförderung. Nur wer die konstitutive Vielfalt und Offenheit der Club- und Livemusikkultur begreift, kann sie im Bestand schützen und ihre Fortentwicklung unterstützen.
Clubkulturschutz heißt landesweite Förderung von Nachwuchs in der Livemusikkultur. Für die analoge Musik gibt es bereits eine Reihe von Ansätzen, wie etwa das Landesprogramm „Jedem Kind ein Instrument“ (JeKi). Die Einbeziehung der elektronischen Musik in die Breitenförderung als Teil einer Gesamtstrategie "Digitalisierung" ist jedoch lange überfällig. Denkbar wäre etwa die Bereitstellung von Lizenzen für einschlägige Musik-Produktions-Software. Denn die Kosten dafür sind vergleichbar mit denen für ein analoges Instruments und übersteigen zumeist ebenso die finanziellen Möglichkeiten junger Musiker:innen. Nachwuchsförderung bedeutet zudem im Sinne der Wirkstätten von Musiker:innen, die Neugründung von Venues beratend und ggf. anschubfinanzierend zu begleiten.
Clubkulturschutz heißt darum auch Förderung der kommunalen Spielstätten-Verbände und von Netzwerkstrukturen der Popularmusik. Denn diese stellen bestenfalls partnerschafliche Schnittstellen in Sachen Beratung und Förderung dar. Somit könnte etwa die Entwicklung von Nachhaltigkeits-Strategien und Awareness-Angeboten strukturell unterstützt werden - koordiniert durch die Live-Initiative und in Kooperation mit den kommunalen Verbänden und Netzwerk-Partner:innen. Gleiches gilt für andernorts bereits erfolgreich auf den Weg gebrachte öffentliche Fonds zur Verbesserung des Lärm- oder Brandschutzes in Musikspielstätten.
Clubkulturschutz heißt Abschaffung der Sperrzeitregelung §9 im Sächsischen Gaststättengesetz. Nachdem in Leipzig und Dresden zugunster der dortigen Clubkultur und Nachtökonomie inzwischen die Aussetzung der Anwendung erwirkt werden konnte, sollte nun die Streichung der Regelung auf Landesebene folgen. Ihr Nutzen für das Gemeinwohl ist in einer modernen und mündigen Gesellschaft, die höchte Flexibilität einfordert und diverse Lebensentwürfe anerkennt nicht gegeben. Stattdessen erzeugt sie vor allem unnötige Kosten und Verwaltungsaufwand auf Seiten der Betreibenden sowie bei den zuständigen Behörden.
Clubkulturschutz heißt Clubkultur verstehen. Zur Erhebung des Gesamtpotentials der sächsichen Clubkultur und um Maßnahmen zu deren Förderung optimal ausgestalten zu können, sollten Livemusikspielstätten auch auf Landesebene erfasst werden - etwa in Form eines Clubkatasters und/oder einer Studie. Im Zuge der Erstellung der zweiten Auflage des sächsischen Kultur- und Kreativwirtschaftsbericht von 2019 wurden keinerlei Daten unserer Partner in kommunalen Verbänden erhoben. Im Bericht ist die Rede lediglich von ominösen "Konzerthallen", kein Wort aber zu Livemusikspielstätten oder Clubs. Entegen der allzu oft üblichen Praxis bedeutet Clubkulturschutz in diesem Sinne auch, nicht lediglich den unmittelbar monetären Wert dieser Kultur und allenfalls ihre Bedeutung für die Umgebungsökonomie und den Tourismus zu bemessen, sondern insbesondere auf ihre Bedeutung für eine lebenswerte Stadtgesellschaft und für die Wahl des Wohnortes, Studien- oder Arbeitsplatzes abzuheben. Daher fordern wir eine landesweite Clubstudie.