Positionspapier zur Perspektive innerräumlicher Tanzveranstaltungen
Mit der Abkehr von der 7-Tage-Inzidenz zugunsten einer differenzierteren Lagebeurteilung anhand der Hospitalisierungsraten, ergeben sich in der gültigen Sächsischen Corona Schutzverordnung endlich nachhaltige Öffnungsperspektiven für viele Kultureinrichtungen. Das Wesen von Tanzveranstaltungen in Innenräumen von Livemusikspielstätten und Clubs jedoch scheint die Landesregierung bis heute im Kern nicht verstanden zu haben. Denn eine dortige Maskenpflicht ist seitens des Personals schlichtweg nicht umsetzbar und aus Sicht des Publikums derart ungewünscht, dass deren bloße Ankündigung ein rentables Wirtschaften verunmöglicht. Zudem vermittelt die "Regelungsübersicht zu Angeboten und Einrichtungen" zwar ein eindeutiges Bild über das gesetzlich Erlaubte. Die sächsische Realität jedoch sieht anders aus. Und so wird zum gegenwärtigen Stand der Pandemie erneut eine chaotische Situation provoziert; werden moralische und rechtsphilosophische Fragen auf dem Rücken der Kulturinstitutionen abgeladen, die mitunter anfangen, auf eigene Verantwortung die erforderlichen Tatsachen zu schaffen, die sich die Landesregierung nicht traut, in Gesetz zu gießen; derweil die Gesundheitsämter entgegen der Schutzverordnung genehmigen und Ordnungsämter nicht ahnden. Diese Verantwortungsdiffussion und die bestehenden Unklarheiten tun der Landesregierung und den Staatsministerien in Sachen Glaubwürdigkeit keinen Gefallen und tragen kaum zu einer rechtssicheren Rückkehr der Branche in die Wirtschaftlichkeit bei.
Zwei Optionen bestehen nun, um mit einer Novellierung der Schutzverordnung endlich auch Livemusikspielstätten und Clubs den dringend nötigen Neustart zu ermöglichen:
1. Es wird - nach österreichischem Vorbild - ein 3G Modell mit staatlich bezahlten PCR-Tests integriert, um durch die Testung ALLER Clubbesucher:innen ALLEN gleichermaßen die höchst mögliche Sicherheit beim notwendigerweise maximal unreglementierten Zusammenkommen zu ermöglichen.
"Die regelmäßigen Testungen in Österreich stellen ein wichtiges Standbein in der Bekämpfung der COVID-19-Pandemie dar. Infizierte Personen ohne Symptome können so entdeckt, frühzeitig isoliert und Infektionsketten damit unterbrochen werden. Darum hat sich die Österreichische Bundesregierung entschlossen einen möglichst einfachen und kostenlosen Zugang für alle Bürgerinnen und Bürger zu PCR- und Antigen-Testungen auf SARS-CoV-2 zu ermöglichen. Mit diesem Testangebot nimmt Österreich weltweit eine Vorreiterrolle ein." (https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Haeufig-gestellte-Fragen/FAQ-Oesterreich-testet.html)
Obwohl es mittels Pooling inzwischen möglich sein dürfte, die Kosten für einen PCR-Test auf das Niveau eines Antigentests zu reduzieren, scheint diese Strategie zu unserem Bedauern politisch nicht gewollt zu sein. Es ist der Weg, für den sich die die Live Initiative Sachsen stark machen und als Partner anbieten würde.
2. Es wird eine 2G-Regelung etabliert, die - auf Kosten der allgemeinen Gleichbehandlung - Geimpften und Genesenen ein für Tanzveranstaltungen notwendigerweise maximal unreglementiertes Zusammenkommen ermöglicht.
So zuletzt geschehen in Berlin (https://www.berlin.de/sen/kulteu/aktuelles/pressemitteilungen/2021/pressemitteilung.1121442.php); in Hamburg steht eine 2G-Option den Veranstaltenden zur Wahl (https://www.hamburg.de/coronavirus/aktuelles/15357332/3g-modell-2g-ueberblick/) und in Baden-Württemberg gibt es die Wahl praktisch nicht, da die Kosten für einen andernfalls verpflichtend vorzunehmenden PCR-Test nicht hinnehmbar sind (https://www.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/einigung-auf-konzept-zur-maskenpflicht-in-clubs/).
In diesem Zusammenhang ist es im Übrigen absolut unverständlich und skandalös, dass Testzentren - auch solche, die an clubkulturelle Einrichtungen angegliedert sind - abgemahnt werden können, weil sie PCR-Test ungesetzlich günstig anbieten (Vgl.: Plus-Minus-Bericht vom 12.5.21 https://bit.ly/3fWvBRc). Wieso wurde die entsprechende Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) nicht längst an die Gegebenheiten einer pandemischen Situation angepasst. Ist es der Landesregierung möglich, hier Druck auszuüben?
Die Live Initiative Sachsen (LISA) fordert die Landesregierung auf, jetzt realistische Regelungen zu formulieren, um den sächsischen Clubs und Livemusikspielstätten nach 1 1/2 Jahren coronabedingter Schließungen eine nachhaltige Perspektive zu ermöglichen. Dazu muss auch das Prinzip "Testen statt Maske" gehören. Denkbar wäre etwa im Falle einer 2G-Regelung, - gerade angesichts gefälschter Impfpässe im Umlauf und der potentiell infektiösen Viruslast auch bei Geimpften und Genesenen -, dass deren zusätzliche Schnelltestung von der Maskenpflicht entbindet. Ein maskenfreies Tanzen bei einer 3G-Regelung lediglich mit Antigentest halten wir nicht für ratsam, da mit Spreading-Events gerechnet werden muss, wie sie anderswo in Europa bereits auftraten. Eine 3G-Regelung ist aus unserer Sicht einzig mit PCR praktikabel, und zwar mittels der Testung aller Clubbesucher:innen, da die Viruslast geimpfter oder genesener Besucher:innen weiterhin eine potentielle Gefahr für Ungeimpfte darstellt. Doch die Verantwortung dafür darf nicht den Clubkulturschaffenden aufgebürdet werden. Gleiches gilt im umgekehrten Fall für den Ausschluss Ungeimpfter von Angeboten der Clubkultur.
Wie in der Gesamtbevölkerung besteht auch innerhalb der Branche eine Meinungspluralität zu diesem Sachverhalt. Während einige Akteur:innen Veranstaltungen unter 2G-Regeln begrüßen, kommt dies für andere kaum in Frage. Ziel sollte es sein, unter der gegebenen pandemischen Situation eine verantwortungsvolle Kulturproduktion für alle zu ermöglichen. Stellt die Landesregierung mit der künftigen Schutzverordnung die dafür mötigen Weichen nicht, werden Feiern in Grauzonen und im Privaten die Folge sein, was das Infektionsgeschehen in jedem Falle anheizen wird. Gerne möchten wir zu diesem Zwecke mit Ihnen zusammenkommen, um praktikablere Lösungen als die bisher angebotenen gemeinsam zu entwickeln - Lösungen, die der Club- und Livemusikkultur zukünftig verbindliche und langfristige Perspektiven bieten. Es darf nicht zugelassen werden, dass Clubs nach ein paar Wochen der Öffnung erneut schließen, Programme abgesagt oder umgebucht werden müssen und Beschäftigte oder gar Kulgurbetriebe in der Folge endgültig verloren gehen.
Vielen Dank für Ihre Unterstützung der sächsischen Clubs und Livemusikspielstätten.
Verbundene Grüße,
Landesnetzwerk LISA – Live Initiative Sachsen
Ansprechpartner für Presse- und Medienvertreter:
Felix Buchta (E-Mail: lisa@live-in-sachsen.de)